Mit dem Zug nach Aserbaidschan

Wir sind am Reiseziel angekommen! Rückblickend staunen wir, wie problemlos diese achttägige Reise verlaufen ist. Auf Schienen unterwegs zu sein ist ein Abenteuer und es tat gut langsam anzukommen. So manches haben wir dabei erlebt. Lest selbst.

Zürich nach Bukarest

In Herzogenbuchsee, unserem Ausgangsort, als auch in Zürich werden wir je von einem Abschiedskommittee überrascht, welches uns mit dem Gepäck behilflich ist und uns herzlich verabschiedet. Ein Teil davon begleitet uns sogar noch bis nach Wien. Während der Fahrt geniessen wir einen letzten Blick auf unsere Heimat und die Alpen.

Am Abend in Wien warten wir auf dem Perron, auf dem der Nachtzug nach Bukarest einfahren soll. Dieser kommt sogleich – aber wo sind denn da die Schlafwagen? Ein Angestellter der österreichischen Bahn, den wir um Rat bitten, meint eher pessimistisch, dass er nicht zuständig sei und soweit er wisse, die Schlafwagen der rumänischen Bahn in Budapest geblieben seien. Zudem glaube er kaum, dass diese wirklich funktionstüchtig seien. Nicht gerade die erfreulichste Aussage im Hinblick darauf, dass wir mehr als 20 Stunden in diesem Zug verbringen werden… Kurze Zeit später versichert uns der verantwortliche Schaffner jedoch, dass wir einsteigen sollen und die Schlafwagen dann in Budapest angehängt werden würden. Dankend nehmen wir das Angebot an in der ersten Klasse Platz zu nehmen.

Um Mitternacht kommen wir in Budapest an, wo wir dann tatsächlich die Schlafwagen vorfinden. Es ist die beste Koje, welche wir auf der ganzen Reise haben werden – mit integriertem WC und sogar einer Dusche!

Mit wenig Verspätung fahren wir am darauffolgenden Abend in Bukarest ein, wo wir uns für eine Nacht in einem Hotel erholen dürfen.

Bukarest nach Ankara

Um die Mittagszeit setzen wir die Reise Richtung Istanbul mit dem türkischen Nachtzug fort. Zwei Mal werden wir in dieser Nacht aus dem Schlaf gerissen. Die bulgarischen Grenzwächter kontrollieren unsere Pässe freundlicherweise im Zug, die türkischen Beamten erwarten uns im Bahnhofsgebäude. Mit unserem schlafenden Kind auf dem Arm stellen wir uns hinten an die wartende Kolonne. Nachdem uns einer der Angestellten erblickt hat, winkt er uns nach vorne, damit wir sogleich an die Reihe kommen; was für eine schöne Überraschung! Auf der ganzen Reise dürfen wir erleben, wie Mitreisende und Angestellte unserem Sohn zulächeln, mit ihm sprechen und gerne ein bisschen mit ihm spielen möchten. Dieser ist meist zurückhaltend und beobachtet das Geschehen aus sicherer Distanz in der Nähe seiner Eltern. Unser Zugabteil wird von ihm jeweils rasch in einen kleinen Spielplatz umfunktioniert.

In Istanbul macht uns zusätzlich zum schweren Gepäck die Hitze ziemlich zu schaffen. Wir schwitzen sehr und sind müde. Umso dankbarer sind wir für den gut klimatisierten Hochleistungsgeschwindigkeitszug, in dem wir die vierstündige Fahrt nach Ankara verbringen. Dort dürfen wir uns im nächsten Hotelzimmer erfrischen.

Ankara nach Kars

An unserem Hochzeitstag erwartet uns das Highlight unserer Reise – eine Fahrt mit dem berühmten Dogu-Express, welcher uns ganz in den Osten der Türkei bringen wird. Gespannt warten wir in Ankara auf den Zug. Dieser will einfach nicht kommen. Eine Stunde später hören wir das Horn einer Lokomotive. Schnell sind wir auf den Beinen und stehen mit dem Gepäck auf dem Perron, wo uns der Kondukteur vertröstet, dass sei noch nicht unser Zug, wir sollen auf dem nächsten Perron warten.

Endlich, eineinhalb Stunden später als geplant, fährt unser Zug ein und wir können uns in unserer komfortablen Koje einrichten.

Begleitet vom rhythmischen Ruckeln und Knattern des Zuges fahren wir durch eine wunderschöne Landschaft. Ein kleiner Fluss bahnt sich seinen Weg durch das Tal, die beiden Uferseiten dank der Feuchtigkeit vielfältig begrünt, dahinter steile, karge Felsklippen. Strommasten, vereinzelte Siedlungen und in die Jahre gekommene Bahnhofsgebäude zeugen von einer vorhandenen Zivilisation. Wir sind beeindruckt und lassen die Landschaft auf uns wirken. Dazwischen haben wir an zwei Orten die Möglichkeit auszusteigen. Wir besichtigen einen imposanten Canyon und ein schmuckes Städtchen.

Dreissig Stunden später, um 2 Uhr morgens, fahren wir im Bahnhof in Kars ein. Müde aber zufrieden machen wir es uns im Hotelzimmer gemütlich.

Kars nach Baku

Sicht auf Kars

Nach einem erholsamen Pausentag in Kars gilt es mit dem Bus weiterzureisen. Leider ist die seit Jahren geplante Bahnstrecke von Kars nach Tiflis bis nach Baku nicht wie im Voraus kommuniziert anfangs August eröffnet worden. Wie wird wohl diese lange Busfahrt mit unserem Sohn werden? Von den sechseinhalb Stunden Fahrt verbringt er glücklicherweise insgesamt vier Stunden schlafend auf unserem Schoss. Die kurvenreiche Strecke durch das bergige Gebiet des Kleinen Kaukasus hat sicherlich dazu beigetragen.

An der georgischen Grenze

Am Abend am Bahnhof in Tiflis müssen wir zum ersten Mal das Zugbillett vor Ort organisieren. Alle anderen Strecken konnten wir im Voraus buchen lassen. Wir machen grosse Augen, als wir in der Schalterhalle mit unserem gezogenen Nummernschild realisieren, dass rund 80 Personen vor uns an die Reihe kommen werden! Einmal mehr dürfen wir Gottes Versorgung erleben. Nach mehr als einer Stunde Wartezeit und kurz vor der Abfahrt unseres Zuges sind wir im Besitz des Tickets für das letzte 1. Klass-Schlafabteil!

Das Knattern des Zuges schaukelt unser Kind rasch in den Schlaf. Für uns Eltern heisst es noch die letzten beiden Grenzkontrollen abzuwarten. An der georgischen Grenze werden die Pässe eingesammelt und eine gefühlte Ewigkeit später wieder ausgeteilt. Für den aserbaidschanischen Grenzübertritt müssen wir das erste Mal auf unserer Reise ein Visum vorzeigen. Zudem werden Fotos von uns gemacht und das Gepäck untersucht. Gott sei Dank findet die ganze Prozedur im Zug statt und wird unser Gepäck nur von aussen betrachtet. So dürfen wir mit unserem gesamten Hab und Gut nach Aserbaidschan einreisen. Nach einem langen Tag werden auch wir schnell vom Schlaf übermannt.

Angekommen

In Baku werden wir mit dem Auto abgeholt und fahren damit in den Süden. Kurz vor Länkäran setzt der Regen ein. Anscheinend ist dies der erste Regen nach einem heissen Sommer. Dementsprechend angenehm sind derzeit die Temperaturen, was uns das Einleben erleichtert.